„Die Suche nach der eigenen Farbe“ ist ja schon ein ziemlich dickes Buch, 432 Seiten hat es jetzt in der Druckfassung.
Wenn man so als Erstautorin unterwegs ist, und sich bei Menschen Rat holt, die mehr vom Buchgeschäft verstehen als man selbst, dann sagen sie einem immer wieder, dass man besser bei seinem ersten Buch deutlich unter 400 Seiten bleiben sollte, wenn man denn überhaupt eine Chance bekommen möchte, einen Verlag zu finden. „Unter 400, deutlich“ und ich hatte zu dem Zeitpunkt fast 500 Seiten. Was tun?
Eine erfahrene Autorin, riet mir, das Franziskakapitel rauszunehmen. Ich habe darum gekämpft, meinte, es sei eines meiner Lieblingskapitel, sie argumentierte damit, dass es in dem Buch ja um Stephanie ginge, nicht um Franziska. Schließlich gab ich nach, ich nahm das Kapitel raus, kürzte auch noch an ein paar anderen Stellen, und tatsächlich, wenig später hatte ich meinen Verlagsvertrag. Hätte ich ihn auch bekommen, wenn ich das Kapitel drin gelassen hätte? Ich weiß es nicht. Vielleicht wäre mein Skript einfach durch die verlagseigenen Raster gefallen. Wer weiß das schon.
Aber ich trauere dem Kapitel noch immer hinterher, finde, es fehlt im Buch, schließlich ist Franziska die eigentliche Erzählerin der Geschichte, durch ihre zart rosa gefärbte Brille blicken wir auf das Leben von Stephanie Hollenstein. Franziska war mein Schuhlöffel, um Zugang zu Stephanie zu finden. Ich hätte noch mehr um das Kapitel kämpfen sollen.
Aber wie oft habe ich als Dramaturgin zu Regisseuren gesagt: „kill your darlings“. Und wie oft haben sie es dann auch getan. Daran musste ich denken, als ich das Kapitel schließlich rausgenommen habe. Und ganz tot ist mein Darling ja gar nicht. Er steht hier, unlektoriert, ihr könnt ihn lesen – wenn ihr wollt. Das Kapitel gehört zwischen den IV. und den V. Teil. Ich wünsche euch viel Spaß damit.
Und sorry an alle, zu denen ich jemals diesen dummen Satz „kill your darlings“ gesagt habe. Es wird nicht wieder vorkommen.
Beitragsbild: Dr. Franziska Groß (1939), Öl auf Leinwand, Sammlung Hollenstein, Lustenau, Inv. Nr. 211, Foto: Günter König