„Die Suche nach der eigenen Farbe“ ist im Buchhandel. Was für ein großartiges Gefühl, ich halte mein erstes eigenes Buch in den Händen. Es ist dicker als ich dachte, es fühlt sich gut an in der Hand, ich mag das Cover. Der Inneneinband ist rot, meine Lieblingsfarbe, die Farbe, die mich auch während meiner Recherche in Form von Ordner und Schnellhefter immer begleitet hat, die Farbe, die ich Stephanies Mutter zugeordnet habe. Es ist großartig, im eigenen Buch zu blättern. Ganz anders als am Computer zu scrollen. Es lebe das analoge Buch!
Das Schreiben an sich ist ja doch ein ziemlich einsames Geschäft. Natürlich gibt es Menschen in meiner direkten Umgebung, die Anteil nahmen, die erstaunlicherweise verstehen, wenn ich gerade ein bisschen in einer anderen Zeit und einer anderen Umgebung lebe. Und es gibt Menschen, die frühere Fassungen gelesen haben und mir Feedback gaben. Aber die endgültige Fassung, die, die jetzt zwischen den roten Buchdeckeln zu lesen ist, die kannten nur meine Lektorin (und vermutlich ein paar weitere Verlagsleute) und ich. Und sie mag den Roman, das weiß ich. Aber das zählt nicht wirklich, sie muss es mögen, schon rein beruflich.
Ich war also sehr gespannt auf erste Reaktionen und Gott sei Dank musste ich nicht lange warten. Mein Neffe war der Erste, er hat drei Tage lang durchgelesen, konnte nicht aufhören. Wir telefonieren ewig miteinander und ich fühle mich so verstanden. Dann schreibt mir eine Tante „ich habe gerade angefangen in deinem Buch zu lesen. Es fesselt mich kolossal“. Und zwei Tage später meldet sie sich mit diesen Worten „Liebe Brigitte, ich komme nicht mehr los…“ Die Schwester meines Schweizers schickt eine Whatsapp „ich bin des Lobes voll,“ mit Ausrufezeichen. Drei Personen, drei Generationen, langsam entspanne ich mich. Es scheint zu funktionieren.
Dann habe ich meinen ersten Medientermin. Die Situation ist mir eigentlich vertraut, und doch war es anders als früher. Zum ersten Mal geht es um mich als Autorin. In meinem Kopf beantworte ich schon Tage vorher mögliche Fragen, die dann nie gestellt werden, dafür werde ich von anderen überrascht. So soll das sein. Der Artikel erscheint. Noch so ein feines Gefühl. Dann schreibt Lieblingstochter: „Buch schon ausgelesen, du musst noch eins schreiben.“ Ja ,denke ich, wenn das bei mir nur nicht so lange dauern würde. Lesen geht irgendwie schneller.
Ein paar Leute hatte ich gebeten, mir online Rezensionen zu schreiben, wenn sie das Buch gelesen haben. Ich weiß ja, wie wichtig das für den Verkauf ist. Nach halbwegs angemessener Lesezeit, google ich mein Buch und finde tatsächlich eine erste Rezension auf Lovelybooks. Ich versuche, herauszufinden, wer das geschrieben haben könnte, aber ich kenne die Person nicht und – sie gibt mir fünf Sterne und schreibt so toll über „Die Suche nach der eigenen Farbe“. Die zweite Reaktion erscheint, diesmal beim großen Riesen, den wir alle boykottieren und statt dessen in kleinen inhabergeführten Buchhandlungen einkaufen. Aber natürlich ist eine Rezension an dieser Stelle ungemein wertvoll. Diesmal bin ich mir ganz sicher, zu wissen, wer sie geschrieben hat – aber ich liege falsch, wieder ist es eine mir unbekannte Person, die mir fünf Sterne gibt.
Und jetzt steht die erste Lesung bevor. Ich bin nervös. Es werden viele Menschen im Publikum sitzen, die mich kennen und mir hoffentlich wohlgesonnen sind. Aber werden auch andere Menschen kommen? Werde ich einen ganz trockenen Hals haben und kein Wort rausbringen, wird Jürgen Thaler mir Fragen stellen, die ich nicht beantworten kann? Werden Hollensteinkenner mich darauf hinweisen, dass ihr Leben doch wahrscheinlich ganz anders war? Mich auf logische Fehler hinweisen? Welche Stellen soll ich lesen? Einiges scheidet aus, da sprechen Personen vorarlbergerisch oder tirolerisch oder bayerisch, ich werde mich nicht in die Nesseln setzen. Kurz sollen sie sein, prägnant, nicht zu viel verraten aber dennoch ein gutes Gefühl für das gesamte Werk geben. Immer mehr postit-Zettel ragen aus meiner Ausgabe. Ich übe meine Unterschrift als wäre ich zwölf. Ich habe einen Kloß im Hals, wie so oft, wenn ich etwas Neues erlebe, das ich noch nicht wirklich einschätzen kann. Da geht es mir wie Stephanie. Wo meine Protagonistin das wohl her hat?
Die Lesung ist am 24. April um 19.30 Uhr im T-Café des Vorarlberger Landestheaters in Bregenz, Moderation: Jürgen Thaler, Eintritt frei